Ein Wanderweg ist durch umgefallene Bäume versperrt

Naturentwicklung in der Hinteren Sächsischen Schweiz bringt vorübergehend Erschwernisse für Wanderer

Junger Wald wächst von alleine unter dem Schutz abgestorbener Fichtenstämme

Foto: Sina Klingner
Am Hochhübel, wo der Borkenkäfer bereits 2006 viele Fichten zum Absterben brachte, zeigt die Natur ihre ganze Dynamik und Gestaltungskraft. Mittlerweile wächst hier ein neuer, vielfältiger Wald heran.

Viele abgestorbene Fichten liegen über einem Wanderweg. 18.02.2021: Drei Jahre Dürre und Borkenkäfer haben auch im Großen Zschand im Nationalpark für eine dynamische Beschleunigung der natürlichen Entwicklung gesorgt. Die Fichten, die dort großflächig von der Neumannmühle bis zur tschechischen Grenze wuchsen, sind in den letzten Jahren fast vollständig abgestorben und brechen immer mehr um. Innerhalb des Nationalparks ist diese Entwicklung ein durchaus gewünschter, natürlicher Prozess, der hier im Gegensatz zur Kulturlandschaft außerhalb des Schutzgebiets, ungesteuert ablaufen darf. Es ist das Ziel eines Nationalparks, der Natur Raum und Zeit für eine vom Menschen ungestörte Entwicklung zurückzugeben. Auch wenn dieser Zerfall auf der Fläche für uns Menschen beunruhigend ist, beginnt bereits eine dynamische Erneuerung der Natur. Der junge Wald steht bereits in den Startlöchern. Zahlreiche Arten siedeln sich vermehrt an, es entstehen neue Lebensräume, neue Lebensgemeinschaften. Der Wald wird offener, abwechslungsreicher und ein Stückchen wilder. 

Ein Wanderweg ist durch umgefallene Bäume versperrt

Foto: Jan Scheffler
Wie hier in der Richterschlüchte sind seit Anfang Februar zwölf markierte Wanderwege im Hinteren Teil des Nationalparks Sächsische Schweiz unpassierbar. Das Freischneiden der Wege ist nicht möglich. Waldarbeiter wären bei diesen Arbeiten ungeschützt den Gefahren durch die noch stehenden Nachbarbäume oder davon abbrechenden Stammteilen oder Ästen ausgesetzt.

Zahllose Baumstürze hat die Nationalparkverwaltung seither von Wegen wieder entfernt, doch werden die Brüche immer mehr und treten immer kürzer hintereinander auf. Im hinteren Teil der Zschandstraße ließ die Nationalparkverwaltung bereits vor zwei Jahren alle abgestorbenen Fichten „auf eine Baumlänge“ links und rechts des Weges fällen. Der Weg dient als Rettungsweg und soll daher dauerhaft gesichert werden. Das löste damals heftige Reaktionen bei Besuchern aus, denn die einstmals anheimelnde Talsohle war nun freigestellt und die Menge der abgelegten toten Stämme bot keinen schönen Landschaftseindruck. Zum Schutz der Besucher werden derzeit weitere Rettungswege im Nationalpark auf einer Gesamtlänge von ca. 50 km vor umfallenden Bäumen gesichert, damit im Ernstfall eine Rettung möglich ist. Ein derartiger Eingriff an allen Wanderwegen wie z.B. den Richter- oder Weberschlüchten ist technisch nicht möglich und aus Sicht des Naturschutzes nicht zu verantworten. Im Nationalpark gibt es über 400 km markierte Wanderwege und über 100 km Bergpfade bzw. Zugänge zu Klettergipfeln.  

Aktuell sind 12 Wanderwege (20km) im Hinteren Teil der Sächsischen Schweiz blockiert. Auch der untere Teil des Großen Zschands musste aus Gründen der Verkehrssicherheit vorübergehend gesperrt werden. Damit sollen Gefahren für Leib und Leben der Besucher und der Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung ausgeschlossen werden. Im vorderen Teil des Nationalparks ist die Gefahrenlage deutlich entspannter und aktuell sind alle Wege passierbar.

Einzelheiten sind im Wegeservice auf der Homepage der Nationalparkverwaltung zu erfahren:

https://www.nationalpark-saechsische-schweiz.de/aktuelles/wegeservice-und-wegeinfo/

„Unpassierbar“ bedeutet nicht eine Ausgrenzung von Wanderern auf Dauer oder eine Stilllegung des Weges. Es bedeutet eine zeitweise Einschränkung, bis der natürliche Zerfall des stehenden Totholzes so weit fortgeschritten ist, dass die Wege wieder gefahrlos freigeschnitten werden können. Das kann auch die Bergpfade und Kletterzugänge betreffen. Jeder, der diese Wege begeht, begibt sich in extreme Lebensgefahr.

Das Wegekonzept des Nationalparks, das nach einem intensiven Arbeitsprozess gemeinsam mit den Akteuren der Region bereits in 2003 verabschiedet wurde, hat weiterhin Bestand. „Sobald es die Gefahrenlage zulässt, werden die blockierten Wege wieder freigeschnitten“ sichert Ulf Zimmermann, Leiter der Nationalparkverwaltung, zu. „Wir können aber nicht genau vorhersagen, wann das ist. Entscheidend ist, dass in unmittelbarer Nähe des Weges keine bruchgefährdeten Baumstämme mehr stehen. Diese können jederzeit zusammenbrechen. Vibrationen und Erschütterungen bei der Aufarbeitung sind häufig Ursache für unkalkulierbare Reaktionen des Totholzes. Ein Ausweichen aus der Gefahrensituation ist für den Waldarbeiter in den engen Wegverhältnissen und Holzverhauen kaum möglich. Das Verletzungsrisiko ist entsprechend hoch.“

Am vergangenen Montag war die Wegesituation des Nationalparks Thema am virtuellen Tourismusstammtisch des Tourismusverbands. Der Nationalpark, vertreten durch den Leiter Ulf Zimmermann, erläuterte die Hintergründe und Perspektiven und stellte sich den Fragen der Teilnehmer. An dem Stammtisch nahmen auch Vertreterinnen des Nationalparks Harz sowie der Tourismusregion Harz teil. Auch hier mussten trotzt intensiver Pflegemaßnahmen Waldwege zeitweise gesperrt oder umgeleitet werden. Aufgrund des fortschreitenden, natürlichen Zerfalls konnten in der Zwischenzeit erste Teilabschnitte wieder freigeschnitten und geöffnet werden. Die Maßnahmen wurden durch eine intensive Kommunikation und Information der Öffentlichkeit begleitet.

In der Diskussion wurden die Bemühungen der Nationalparkverwaltung anerkannt. Die Teilnehmer waren sich darüber einig, dass eine rechtzeitige und verständliche Information für den Gast wie auch für die Bewohner sehr wichtig ist. Man muss aber auch akzeptieren, dass trotz aller Bemühungen eine gewisse Unzufriedenheit bei den Besuchern des Waldes zurückbleiben wird.

Vorträge und Diskussionen können nachverfolgt werden unter:

https://de-de.facebook.com/tourismusverband.saechsische.schweiz/videos/1308320576217288/

Die Nationalparkverwaltung appelliert nachdrücklich: Bitte haben sie Verständnis und verhalten sie sich verantwortungsvoll. Sie begeben sich und im Ernstfall auch die Rettungskräfte unnötig in Lebensgefahr. Verzichten sie lieber eine Zeit lang auf ihre Lieblingstour, ihren Lieblingsgipfel. Das Umgehen von unpassierbaren Passagen ist keine Alternative. Das Verlassen der Wege ist zum Schutz der Natur im Nationalpark verboten. Vielleicht nutzen sie in der Zwischenzeit ein Angebot eines anderen Gebiets außerhalb des Nationalparks, wo die Gefahrenlage geringer ist.

Hintergrund zur Verkehrssicherung:

Die Nationalparkverwaltung ist auf den Flächen des Landeswaldes entlang von öffentlichen Straßen und an Gebäuden zur Verkehrssicherung verpflichtet. Dies ergibt sich aus der Eigentümerstellung des Freistaates und den straßen- bzw. eisenbahnrechtlichen Maßgaben. Entlang von Waldwegen, die im Ernstfall auch der Rettung dienen, stellen wir im eigenen Interesse die Verkehrssicherheit her. Entlang von Wanderwegen besteht keine Pflicht, solche Maßnahmen durchzuführen.

Besucher betreten den Wald auf eigene Gefahr. Im Wald ist grundsätzlich mit natürlichen Gefahren zu rechnen. Hierzu zählen waldtypische Gefahren, wie z.B. abbrechende Bäume oder Felsen. Auf diese Gefahren weisen wir an allen wichtigen Eingängen des Nationalparks hin.