Foto: Jan Scheffler Trotz der Ausschilderung als Horstschutzzone näherten sich diese Wanderer möglicherweise unbewusst dem Brutplatz der geschützten Wanderfalken bis auf wenige Meter. Die Vögel nehmen Menschen, die sich von oberhalb des Horstes nähern als größere Gefahr für den Brutplatz wahr, als Wanderer, die sich am Fuß des Felsens annähern.

Erneut weniger junge Wanderfalken im Nationalpark ausgeflogen

Foto: Jan Scheffler
Trotz der Ausschilderung als Horstschutzzone näherten sich diese Wanderer möglicherweise unbewusst dem Brutplatz der geschützten Wanderfalken bis auf wenige Meter. Die Vögel nehmen Menschen, die sich von oberhalb des Horstes nähern als größere Gefahr für den Brutplatz wahr, als Wanderer, die sich am Fuß des Felsens annähern.

04.10.2021: Besucherdruck besonders für felsbrütende Vogelarten kritisch

Nachdem die Bruterfolge der Wanderfalken im besucherarmen Coronajahr 2020 angestiegen sind, musste 2021 wieder ein Rückgang im Nationalpark registriert werden.

2021 begannen nur zwei Schwarzstorchpaare und 13 Wanderfalkenpaare mit der Brut im Nationalpark. Das sind erhebliche Rückgänge gegenüber früheren Jahren, in denen bis zu fünf Schwarzstorch- und 20 Wanderfalkenbruten festgestellt werden konnten.

Noch ernüchternder war die Entwicklung der erfolgreich ausgeflogenen Jungvögel: nur sieben junge Falken flogen aus gegenüber 17 Jungvögeln im Jahr 2020.

Nach den höheren Zahlen 2020 bedeutet das, dass sich der Negativtrend der vorvergangenen Jahre bei Wanderfalke und Schwarzstorch leider fortsetzt.

Der Vogelexperte der Nationalparkverwaltung Ulrich Augst bringt diese Entwicklung eindeutig in Zusammenhang mit dem Besucheraufkommen und Besucherverhalten in Zusammenhang: „Kein Schwarzstorch hat mehr Ruhe, wenn er in den Bergbächen Nahrung sucht und auf den Wanderwegen entlang der Bäche von Morgengrauen bis Abenddämmerung Menschen unterwegs sind. Permanent wird er durch Fotografen des Sonnenaufgangs, Rückkehrern aus den Boofen, Wanderern und Hundeführern, etc. gestört. Weite Nahrungsflüge werden notwendig und die verbleibende Zeit reicht nicht, um ausreichend Futter zu beschaffen oder die Brut zu bewachen.“

Die Entwicklung beim Uhu sah anfangs besser aus, da mit elf Plätzen außergewöhnlich viele Nester besetzt waren. Doch konnten insgesamt nur sieben junge Uhus ausfliegen. Gleich fünf Paare brüteten ohne Erfolg.

Anders sieht es bei manchen Vogelarten aus, die abseits der Besucherströme brüten. So konnte in diesem Jahr wieder eine Zwergschnäpperbrut am Großen Winterberg festgestellt werden und 19 Sperberpaare zogen 49 Jungvögel auf.

Aktuell entwickelt sich die Population der Spechte, insbesondere der Schwarzspechte sehr erfolgreich. Sie profitieren von dem großen Nahrungsangebot der Käfer. Seit Beginn der Borkenkäferentwicklung konnten sie ihre Bruten in den letzten vier Jahren auf 63 verdoppeln. Auch andere Arten profitieren von dieser Entwicklung. „Nachmieter“ in den vielen Spechthöhlen waren 137 Hohltauben- und 13 Rauhfußkauzpaare. So bietet sich insgesamt eine sehr durchwachsene Bilanz in der Artenentwicklung in diesem Jahr.

„Es gibt Gewinner und Verlierer in der aktuellen Situation“ so Ulf Zimmermann, Leiter des Nationalparks. „Einerseits gibt es natürliche Verschiebungen des Artenvorkommens aufgrund der sich deutlich verändernden Landschaft. Andererseits stellen wir fest, dass die Störungen durch den Menschen permanent zunehmen und zu herben Verlusten bei unseren sensiblen Arten führt.“ Das Wegegebot im Nationalpark wurde zum Schutz dieser Arten entwickelt. Internetbasierte Routenvorschläge und die Orientierung mit Hilfe von Smartphones im Gelände berücksichtigen die Regelungen vor Ort nur sehr selten.

Künftig gilt es, gemeinsam mit dem Tourismusverband und weiteren Akteuren eine Besucherlenkung zu entwickeln, die sowohl den Schutz der Natur und einen ausreichenden Rückzugsraum für Pflanzen und Tiere garantiert und gleichzeitig den Besuchern einen erlebnisreichen Zugang zu dieser einzigartigen Naturlandschaft ermöglicht. Erste Maßnahmen der digitalen Besucherlenkung, sowie Vidoeclips zum respektvollem Verhalten konnte die Nationalparkverwaltung bereits umsetzen.