Die höchste Fichte Sachsens wird nach dem Befall mit Borkenkäfern wohl absterben

An der größten Fichte Sachsens im Kirnitzschtal fallen die Nadeln

Die höchste Fichte Sachsens wird nach dem Befall mit Borkenkäfern wohl absterben

Foto: Frank Strohbach
Direkt am Kirnitzschufer stand die größte Fichte Sachsens eigentlich an einem idealen Standort, gut wasserversorgt und kühl im Kellerklima der Kirnitzschklamm. Aber ihre schüttere Krone und die braun gefärbten Nadeln zeigen an, dass auch sie den Klimawandel mit drei dürren Jahren in Folge und den daraus folgenden noch nie so gemessenen Befall mit Borkenkäfern nicht überlebt hat.

04.12.2020: Drei Jahre Trockenheit, drei Jahre explosionsartige Entwicklung der Borkenkäferzahlen – das hält auch die größte Fichte Sachsens nicht aus.

Über 60 Meter ist sie hoch und ist damit wahrscheinlich auch die höchste Fichte Deutschlands. Drei erwachsene Menschen waren notwendig, wenn man ihren mächtigen Stamm umarmen wollte. Ihr Alter wird auf rund 400 Jahre geschätzt. In der freien Natur können Fichten bis zu 600 Jahre alt werden. Trotz des hohen Alters strotzte sie vor Kraft und trug fast jedes Jahr über 200 Zapfen.

Ein Baumkletterer missbrauchte einmal ihre Spitze als Versteck für einen Geocache aber sonst achteten Besucher die Riesenfichte im Kirnitzschtal. Niemand ritzte ein Herz oder Vergleichbares in ihre Rinde. Um dies nicht zu fördern, hat die Nationalparkverwaltung die Fichte nie als besonderen Baum ausgeschildert. So nahmen die meisten Wanderer nur den imposanten Stammfuß war. Bis zur Spitze konnte man nicht hinauf sehen, da die dicht stehenden Ästen über die gesamte Stammhöhe die Sicht behinderten.

Die sehr tief eingeschnittene Kirnitzschklamm bietet mit ihren kühlen Temperaturen und der guten Wasserversorgung allgemein einen idealen Standort für Fichten und auch Weißtannen. Das sind Bedingungen, die mit denjenigen in den Wäldern Nordeuropas und den mitteleuropäischen Gebirgen vergleichbar sind, wo die Fichte in Höhenlagen bis zu 1.700 m natürlicherweise vorkommt.

Aber auch diese geschützte Lage reichte in den letzten Jahren nicht aus. Erste Nachbarbäume unserer Riesenfichte wurden bereits 2017 Opfer der Trockenheit und des anschließenden Borkenkäferbefalls. Zahlreiche Bäume folgten deren Schicksal. Viele dieser toten Bäume musste die Nationalparkverwaltung inzwischen unter schwierigsten Bedingungen am Steilhang fällen lassen, damit sie nicht unkontrolliert umstürzen und zur Gefahr für die Kahnfahrt auf der Oberen Schleuse werden. Normalerweise garantiert eine gute Wasserversorgung ein starkes „Immunsystem“ bei der Fichte. Ohne Wasser aber kann der Baum kein Harz produzieren und ist den Borkenkäferattacken wehrlos ausgeliefert.

Nationalparkleiter Ulf Zimmermann bedauert sehr, dass jetzt auch die höchste Fichte Sachsens Opfer des Borkenkäfers wurde: „Aber das ist der Lauf der Natur. Irgendwann müssen auch die Stärksten weichen und Platz für eine neue Generation machen. Die weitere Entwicklung des Klimas wird zeigen, welche Baumarten die Natur hier für die am besten geeignete hält. Zahlreiche Nachkommen der Tannen und Fichten warten jedenfalls schon in der Naturverjüngung auf ihre Chance.“

Der Hinterhermsdorfer Nationalparkrevierleiter Matthias Protze erinnert sich noch an den umgebrochenen imposanten Stamm der sogenannten Königstanne, die ganz in der Nähe stand und zwischen 400 und 500 Jahre alt geworden war. Sein Vorgänger, Revierleiter Herbert Bauch wies ihn zu seinem Dienstantritt auf den in den 1970er Jahren abgestorbenen Baum hin. Viele junge Tannen waren auch damals aus ihren Samen hervorgegangen. Da sie aber im Schatten der älteren Bäume standen, sind sie heute erst zwischen zwei und fünf Meter hoch.